6. Schulwoche

6. Schulwoche, 7. bis 12. Juni:

Nach dem eindrücklichen long weekend gehen wir am Dienstag wieder in die Schule und erzählen von unseren Erlebnissen. In meiner Klasse war ausser uns 2 Schweizern niemand unterwegs, fast nicht zu glauben. Am Mittwoch stehen wir um 14.00 Uhr bereit für den Museumsbesuch und ich bin beeindruckt vom „War Museum“ (siehe separater Bericht). Am Donnerstag dann besuche ich am Morgen den Unterricht und gehe am Mittag direkt zu Minnie, dem 4-jährige Mädchen meiner Hostfamily in den Kindi. Sie besucht 3 Mal die Woche einen privaten Kindergarten, in dem 2 bis 5 jähriger Kinder betreut und unterrichtet werden. In NZ besuchen die Kinder nach ihrem 5. Geburtstag die 1. Klasse. Der Kindi ist im Privathaus der Kindergarten-Lehrperson untergebracht. Zusammen mit ihr arbeiten hier noch 3 weitere Kindergarten-Lehrkräfte und unterrichten 20 Kinder. Es wuselt nur so, als ich eintrete und mich vorstelle. Min nie stürmt natürlich auf mich zu uns möchte mir alles zeigen. Die Lunchtime ist grad um und die Kinder beschäftigen sich drinnen oder draussen. Ich staune, wie sich die Kinder der verschiedenen Alter gut verstehen, sich die Jüngsten alleine beschäftigen, draussen herum klettern und sich viele gute Gelegenheiten bieten, sich frei zu bewegen. Ich habe nun 2 Kindergärten (public und privat) besucht. Sie unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass in den public Kindis 42 und in den Privaten nur 20 Kinder unterrichtet werden. Jeder Kindi hat eine grosse Spielfläche im Freien, ein geräumiger Sandkasten mit Wasserzugang und einen Garten. Im Raum stehen verschiedene Spielangebote zur Verfügung, die Kinder wechseln so oft sie wollen, erst am Schluss des Tages wird aufgeräumt. Die Kinder malen, basteln und werken ziemlich frei, viel Material zum Ausprobieren steht zur Verfügung, die Lehrkräfte geben hin und wieder einen Input oder bieten Hilfestellung. Es ist sehr interessant und spannend, die Kinder zu beobachten, aber für mich sehr ungewöhnlich. Sind wir uns doch gewohnt, möglichst Struktur zu geben, die Kinder zu führen. Aber schlussendlich staune ich, wie so ein Nachmittag sehr friedlich vergeht. Den Kindern wird wirklich einfach eine Umgebung geboten, sich frei entfalten, Erfahrungen sammeln und begreifen zu können. Ich bin sehr fasziniert. Über die Ordnung sehe ich hinweg, für mich undenkbar, so ein Durcheinander zu haben. Aber es geht und funktioniert! Zwischendurch wird zusammen Teatime genossen. Die Kinder bekommen Toast, holen ihre Trinkflasche. Die Lehrkräfte sitzen zusammen und wir unterhalten uns bei Kaffee und Tee sehr gut. Ich frage natürlich allerhand und erfahre, dass die Ausbildung hier auch 3 Jahre dauert, der Kindergarten alle 3 Jahre kontrolliert wird von der „Regierung. Der Staat unterstützt die privaten Kindergärten auch und möchte natürlich sehen, wohin das Geld fliesst. Die Eltern bezahlen monatlich einen Betrag, den die Lehrkräfte dann für verschiedenes Material verwenden. Das Team wird von einer „Chefin“ geführt. Sie stellt das Gebäude zur Verfügung und ist verantwortlich für die ganze Infrastruktur und den Kindergarten. Sie wählt auch ihr Team aus. Ich freue mich darüber als sie meint, sie würde mich sofort einstellen. Natürlich werde ich auch ausgefragt und berichte etwas von unserem Schulsystem.
Am Freitag dann schreiben wir unseren klasseninternen obligaten Wochentest. Die Klasse hat unterdessen 14 Studenten und der sonst schon kleine Raum ist langsam etwas knapp. Aber da es Freitag ist machen sich die Saudi-Araber schon bald aus dem Staub, es ist wieder Betenszeit. Am Schluss des Unterrichts werden wir mit vielen Hausaufgaben eingedeckt, damit es uns übers Weekend nicht langweilig wird, meint Beth...

Am Nachmittag im Learning Center brüte ich über den Hausaufgaben. Ein ewiger Kampf mit der Grammatik. Aber ich halte durch. Wir machen etwas früher Schluss, denn wir müssen uns richten. Musicalabend ist angesagt. Ich laden Eveline zu „Miss Saigon“ ein. Eveline feiert nächste Woche ihren Geburtstag und das ist mein Geburtstagsgeschenk. Sie weiss bis jetzt noch nichts. Auf dem Heimweg dann aber verrate ich das Abendprogramm und die Vorfreude ist gross. Matt fährt uns nach dem Znacht in die Stadt. Man findet, es regnet zu stark für eine Busfahrt. Naja, ganz bequem und wir stellen uns in die Warteschlange. Die gebuchten Tickets bekommen wir schnell und begeben uns ins Civic-Theater. Wunderschön ist es mit seinem orientalischen Touch. Der Zuschauersaal erinnert an ein königliches Theater und schon bald fällt der Vorhang. Wir werden ins Jahr 1975 versetzt, in die Strassen von Saigon. Dort ist so allerhand abgegangen während des Krieges. Die Geschichte ist sehr traurig aber wunderschön inszeniert. Der Gesang lässt uns Hühnerhaut bekommen. Miss Saigon und Chris, der amerikanische Soldat haben brillante Stimmen. Mr. Engineer, der Bordellbesitzer spielt sehr witzig und erntet zum Schluss grossen Applaus. So gehen wir summend und ganz beeindruckt nach Hause, die Musik noch im Ohr.
Für den Sonntag haben wir einen Ausflug zur Karekare Beach und nach Piha gebucht. Da die Reisesaison hier langsam zu Ende ist kommen nur Studenten und wir fahren zu 14. aus der Stadt. Schnell schon kommt man aus dem Stadtkern in die Vororte. Die Fahrt führt und über einen Pass auf die andere Seite einer Bergkette in ein Naturreservat. Vom Visitorcenter aus bietet sich wiederum ein herrlicher Blick auf die Westküste und die Stadt. Man bekommt viele Infos zum Reservat und zu den Trecks. Wir fahren allerdings nach einem Fotostopp weiter und besuchen die Karekare Beach. Ein sehr bekannter Strand, ist hier doch der Film „Piano“ gedreht worden. Wir müssen uns den Zugang zum Strand allerdings verdienen und bekommen nasse Hosen. Vom starken Regen am Freitag steht alles unter Wasser und wir überqueren einen Fluss, um zu den Dünen zu kommen. Das Wasser ist so hoch, dass wahrscheinlich ein Striptease das Beste gewesen wäre... Weit vorne sehen wir die ersten Wellen, hören das Meer rauschen. Wir wandern über die Dünen, laufen durch schwarzen Sand und kommen dem Strand immer näher. Ein gewaltiger Anblick. Ich sehe die Ruderboote mit den Ankommenden vor mir, im Schlepptau das Piano der Frau, die hier in der Wildnis zusammen mit ihrem Kind zu einem Buschmann zieht. Wahnsinnig, was sich da vor ca. 150 Jahren abgespielt haben muss. Und das in vielen Teilen dieses Landes. Immer wieder stolpert man über Geschichten und Begebenheiten. Der Film ist sehr beeindruckend und sehenswert.
Nach einem Barbecue inmitten von Grün fahren wir zur Piha-Beach und lassen uns dort bei unserem Standmarsch vom frischen Meereswind verblasen. Wieder Meer und Sand soweit das Auge reicht. Schade aber, dass man hier bis an den Strand bauen durfte.

So schliessen wir wieder eine Woche ab und haben noch 14 neue Tage in NZ vor uns. Was die wohl noch bringen?

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