5. Schulwoche, 29. Mai bis 3. Juni
Das Wochenende beginnt mit einem gemütlichen Freitagabend bei Eveline und Debbie. Wir brutzeln uns etwas zum Znacht, backen einen Kuchen für unseren Besuch bei Han und arbeiten an unseren Strickarbeiten. Mein Gilet ist in den letzten Maschen, sodass ich dann gerüstet bin, wenn es kalt wird.
Der Samstagmorgen bringt uns mit einer erneuten Fahrt übers Meer nach Devonport zu Han. Er erwartet uns schon am Hafen und ist ganz enttäuscht, dass wir Manuela nicht mitbringen. Pascal ist auch noch nicht da. Wir warten auf den nächsten Bus, aus dem er dann auch steigt. So nehmen wir den Weg unter die Füsse und sind sehr gespannt, was uns wohl erwartet. Der Marsch dauert über 30 Minuten bis wir bei Han`s Hostmum sind. Versteckt und im Grünen erwartet uns ein interessantes Haus. Viele Bilder, persönliche Fotos und Souvenirs aus den verschiedensten Ländern verleihen den Räumen einen eignen Charme.
Ich staune immer wieder, wie sich die Hostfamilien so öffnen und den Studenten ein Heim bieten, indem sie sich zu hause fühlen können. Man gehört einfach dazu. Ich gehe bei Eveline ihrer Familie ein und aus. Ich gehöre selbstverständlich dazu und die Türe steht jederzeit offen, die Küche auch. Zusätzlich einen Mitbewohner zu haben, der das gesamte Privatleben mitbekommt braucht grosses Vertrauen und Toleranz. Ist man doch einfach ein Teil der Familie und bekommt sehr Vieles mit.
In der Küche hantiert unser Chefkoch. Es riecht schon sehr asiatisch und Han macht sich gut am Herd. Hilfe nimmt er nicht an, sodass wir es uns im Esszimmer gemütlich machen und etwas plaudern über unsere Reisepläne an Queens Birthday. Hier feiert man keine Auffahrt, dafür Queen Elizabeths Geburtstag. Wenn Grossbritannien feiert, dann feiert auch NZ. Es war auch so als Prinz William und seine Kate geheiratet haben. Tage lang kamen nur noch Hochzeitsbilder und Dokumentation über dieses Thema. Man ist dem Königreich verbunden, besuchen die Royals doch regelmässig das Land. Besonders geschätzt hat man den Besuch von Prinz William nach dem Erdbeben in Christchurch. Die Königsfamilie besitzt auch ein grosses Anwesen unterhalb des Mt. Eden.
Und endlich taucht Han mit seinem Zmittag auf. Zwei Pfannen gefüllt mit Fleisch und Nudeln an roter Sauce stellt er auf den Tisch. Er berichtet, dass er natürlich nicht ganz alle Zutaten bekommen habe in der Stadt. Das erste Mundvoll ist ziemlich scharf, aber man gewöhnt sich daran und die Nudeln mit dem Fleisch und den frischen knackigen Frühlingszwiebeln schmeckt lecker. Allerdings die gestampften Fischpuder-Beilage ist nicht ganz mein Geschmack. Wir plaudern und wollen von Han erfahren, wann er sich auf die Reise durch NZ macht. Er hat nämlich die Schule nach 4 Wochen verlassen. Er weiss noch nichts Genaues, maybe reist er am kommenden Donnerstag los. Maybe... Frau Scott kommt dazu und berichtet, dass sich die asiatischen Studenten immer vage ausdrücken. Sie könne sich nie auf etwas verlassen, da alles maybe sei. Ihren Mitbewohner spricht sie immer mit Mister Han an und erzählt uns aus ihrem Leben, das sie in vielen verschiedenen Ländern verbracht hat mit ihrer Familie. Eine spannende Frau um die 65.
Zum Kaffee geniessen wir noch den Apfelkuchen und übergeben Han unser Abschiedsgeschenk, ein Reiseführer über NZ. Han hatte noch nicht mal das und freut sich natürlich sehr. So geht ein gemütlicher Tag zu Ende und wir verabschieden uns von unserem Han. Es wird uns wohl komisch vorkommen, wenn wir keine Begleitung mehr haben am Mittag.
Am Sonntag heisst es früh aufstehen, da wir nach Waihkeke wollen. Die Insel ist ca. 30 Minuten von Auckland entfernt und ist bewohnt. Wir steigen um 9.00 Uhr in die Fähre und mieten uns gleich am Hafen der Insel ein Auto für die Inselrundfahrt. Wunderbar präsentiert sich das Wetter und die Insel gefällt uns sehr. Fühlt man sich doch gleich wie in den Ferien... mediterranes Ambiente. Ein Teil der Insel ist gut befahrbar und belebt, ein grosser Teil aber wird als Weiden für Rinder und Schafe genutzt oder ist Weinanbaugebiet. Die Strassen in der unbewohnten Gegend sind auch nicht mehr asphaltiert. Am Mittag machen wir an einem wunderschönen Strand Halt und geniessen die Mittagszeit mit Blick aufs weite Meer und bestaunen das immer wechselnde Licht- und Wasserspiel. Zufrieden kommen wir am Abend von einem herrlichen Tag zurück und machen uns noch ans Lernen. Am Montag findet der 4- Wochen-Test statt.
Etwas nervös beginne ich den ersten Tag der 5. Schulwoche, habe ich doch schon lenge keinen Test mehr geschrieben. In der Schule angekommen werden wir gleich instruiert, wie der Test abläuft. Wir haben 1 Stunde Zeit um die Grammatikübungen zu lösen. Uff, 4 Seiten die mir zu Schaffen machen. Eine Übung lasse ich sogar aus, da ich sie absolut nicht verstehe. Beruhigend aber, dass die anderen Studenten nach Abgabe der Aufgaben dieselbe Übung schwierig fanden. Der 2. Teil ist Listening. Wir hören eine Text und eine Konversation und beantworten Fragen dazu. Somit wird das Sprachverständnis geprüft. Das ist ganz gut gegangen. Und schon ist der Vormittag um und wir bekommen den Auftrag, für den Speaking-Test am Dienstag etwas vorzubereiten. Die Aufgabe lautet, einen Interpreten aus unserem Heimatland vorzustellen, seine Musik zu präsentieren und den Liedinhalt zu beschreiben. Iphone sei Dank finde ich ein Lied von Bligg und google im Learning Center. Es kommt einiges zusammen und ich lerne was über den berühmten Schweizer Rapper. Das dann alles auf die Reihe zu kriegen und es in verständlichem Englisch zusammen zu fassen ist eine Herausforderung.
Am Dienstag dann beginnen wir den Unterricht mit einem lustigen Würfelspiel, in dem wir verschiedene Fragen zum Thema Musik beantworten. Wir werden in der Spontansprache beobachtet und Beth macht immer wieder Notizen. So ein Spiel werde ich mir für einen Elternabend vormerken.
Und dann gehts los mit den Präsentationen. Beth beginnt mit einem neuseeländischen Lied eines bekannten jungen Maori Sängers. Wunderschöner Song, den wir zum Schluss dann auch noch zusammen singen lernen. Die verschiedenen Musikstücke sind alle sehr speziell, von arabischen Liedern über thailändische, deutsche, englische und schweizer Songs erfahren wir so einiges und dürfen Fragen stellen. Wir müssen uns auch Notizen zu jeder Präsentation machen. Schnell vergehen die Lektionen und wir alle sind gespannt auf die Ergebnisse und Auswertungen.
Eveline und ich haben uns schon länger Gedanken über das wöchentliche Social Programm gemacht und entschliessen und für ein Angebot. Wir lernen Interessierten Freundschaftbänder knüpfen. Die Asiaten lieben solche Sachen. An der Reception schaut und James, der Organisator ziemlich kariert an. Er findet es dann aber schlussendlich eine coole Idee, da wir den Aushang schon vorbereitet haben und ihm versichern, dass wir also selber auch Freundschaftsbänder knüpfen können. Ich glaube fast, er hat uns nicht so getraut am Anfang. Schlussendlich bietet er uns sogar an, dass sich die Schule an den Kosten beteiligen könne.
Ja und so verstreichen die Tage. Immer ist etwas los, in der Schule, Familie oder Freizeit.
Am Mittwoch holt uns Severine, unsere Ansprechperson in der Schule ab. Wir begleiten ihre Tochter in den Kindergarten. Der Kindi, wie man hier sagt ist in einem anderen Stadtteil, sodass wir mit dem Auto fahren und die 4-jährige Margot begrüsst uns sehr aufgeschlossen. Sie wächst zweisprachig auf, Severine ist aus Frankreich. Im Kindi angekommen trudeln schon viele Kinder aus allen Richtungen in Begleitung ihres Mamis ein. 42 Kinder, die von 3 Lehrpersonen betreut werden kommen am Nachmittag, am Morgen kommen die älteren Kinder gleichviel an der Zahl. Hier besuchen die Kinder von 3 bis 4 Jahren am Nachmittag den Kindi, die 4- bis 5-Jährige kommen am Vormittag. Sobald ein Kind 5 Jahre alt wird wechselt es in die 1. Klasse. Ein ständiges Kommen und neu integrieren von Kindern. Das ist für uns unvorstellbar.
Der Kindergarten besteht aus einem grossen Raum mit vielen Spielnischen und Ecken. Ein grosser Teppich bezeichnet den Platz, an dem sich die Gruppe zu einem kurzen geführten Teil trifft. Heute treffen sich alle nach einer längeren Spielphase zum gemeinsamen Musizieren zu einer CD. Der Song fordert die Kinder auf mit ihren Instrumenten langsam, schnell, laut oder leise mit zu spielen. Es ist köstlich, die Gesichter zu beobachten und zu sehen, wie die vielen kleinen Kinder mitmachen. Die Einen kommen aus dem Sandkasten, total dreckig und in ihren Gummistiefeln, die Anderen sitzen noch verkleidet da. Nach dem Musizieren erzählt die Lehrkraft, die uns herzlich begrüsst hat eine kurze Tiergeschichte. Und dann ist Teatime, das heisst sozusagen Zvieri essen. Jedes Kind hat seine Lunchbox dabei und man trifft sich im Garten auf einem speziellen Teppich zum gemeinsamen Essen. Danach schwärmen die Kinder wieder aus und beschäftigen sich mit den Angeboten. Ich schaue lange im Garten zu. Eine Lehrkraft sät mit einigen Kindern verschiedene Samen, Rüebli, Gurken, Radieschen. Interessant sind natürlich die Regenwürmer, die beim Graben aufgescheucht werden. Die Kinder haben sehr viele Spielangebote, können sich recht frei und selbständig bewegen. Ich staune echt, wie die 3-jährigen Kinder intensiv spielen. Der Sandkasten wird umgegraben und die Löcher mit Wasser gefüllt. Die Kinder sehen aus wie Bauarbeiter aber haben grossen Spass. Sie probieren aus, können Erfahrungen machen, es spricht ihnen niemand dazwischen. Die Lehrkräfte sind da um zu begleiten nicht zu führen. Während des ganzen Nachmittages sehe ich nur ein Mädchen kurz weinen, es gibt keinen Streit und die Kinder beschäftigen sich wirklich lange am selben Ort. Ich staune nur noch. Die Lehrkraft erzählt uns, dass es ihnen sehr wichtig sei, dass die Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen können, sie teilen lernen, sich selbständig beschäftigen und somit Selbstvertrauen entwickeln. Im Vergleich ist unser Kindergartenunterricht sehr strukturiert und geführt.
Nun bin ich gespannt auf den Besuch in 10 Tagen in einer 1. Klasse. Ich denke, dort werde ich eher den Unterricht vorfinden, den ich kenne und praktiziere.
Am Donnerstag und Freitag geht’s nochmals in die Schule. Ich hoffe, bald mal die Resultate des Test zu bekommen. Am Freitagmittag beginnt das lange Weekend, Queens Birthday. Es geht ab in den Norden.